Die musikalische Seite von Prof. Dr. Dr. h.c. Rosenthal
Uns allen ist Wolfgang Rosenthal als ein international anerkannter Arzt und Wissenschaftler, als Humanist und als Direktor der Thallwitzer Klinik (1943 – 1962) bekannt.
Jedoch war er auch ein begabter und hochgeschätzter Musiker.
Wie bereits in den letzten zwei Jahren möchte ich in der Novemberausgabe des Gemeindeblicks aus dem Leben dieses berühmten Thallwitzers berichten.
Sein Vater Max Rosenthal spielte in seiner Freizeit Cello und seine Mutter Johanna von Zeuner war eine ausgezeichnete Pianistin. Wöchentliche Hauskonzerte der musikliebenden Familie gehörten deshalb schon frühzeitig zu seinem Leben.
Als Rosenthals 1892 nach Delitzsch zogen, nutzte die Familie intensiv das vielfältige Musikgeschehen von Leipzig. Da sich bei ihrem Sohn Wolfgang die sängerische Begabung herauskristallisierte, wurde er auf eigenen Wunsch 1896 Mitglied des Thomanerchores. Seine beiden älteren Schwestern studierten Musik am damaligen Mendelssohnkonservatorium.
Während der 8-jährigen Thomanerzeit, in der er im Internat lebte, war W. Rosenthal eingebunden in die Proben, Auftritte, Gottesdienste und Kirchendienste und deshalb selten zu Hause. In dieser Zeit haben ihn ebenfalls die Auftritte mit dem Gewandhauschor beeinflusst. So kamen zur Kirchenmusik auch Werke großer in- und ausländischer Komponisten hinzu, die das Weltbild und Gefühlsleben des jungen Mannes lenkten. Neben der Musik bewältigte W. Rosenthal ein hohes Lernpensum für die Schule bis zum Abitur. „Ich war ein Mensch, der von der Jugend an auf zwei Gleisen lief: auf dem der Musik und dem der Wissenschaft, ohne dass mich dies in irgendeiner Weise störte.“ (W. Rosental)
Mit seiner Mutter reiste er 1904 zu Verwandten nach England und Südafrika, wo er in seiner humanistischen Weltanschauung bestärkt wurde. Ein Erlebnis beeindruckte ihn so, dass er nach der Rückkehr nach Leipzig 1904 sein intensives Medizinstudium begann. Nebenher trat W. Rosenthal als Solist in Chorkonzerten im In- und Ausland auf und vervollkommnete seine Gesangentwicklung.
1910 promovierte er zum Dr. med. und absolvierte gleichzeitig in Leipzig und Weimar seine Ausbildung zum Konzert- und Oratoriensänger.
Er heiratete 1914 die hochbegabte Sopranistin Ilse Hennig und wollte mit ihr „singend durch das Leben gehen“, aber auch weiter als Arzt tätig sein. Jedoch kam im 1. Weltkrieg seine Einberufung. Er wurde verpflichtet, im Lazarett im Bereich Kiefer- und Gesichtsverletzungen zu arbeiten. Hier sammelte er viele Erfahrungen auf diesem medizinischen Gebiet. Trotz aller Belastungen bei Operationen in Kriegszeiten, den Wundversorgungen und der Behandlung anderer Kriegsverletzungen hat Rosenthal das Singen nicht aufgegeben.
Er wurde Mitglied des Leipziger Bachvereins, war als Bassbariton ein begehrter Gastsänger im Gewandhauschor und gründete mit Ilse Hennig, und anderen Künstlern das „ Rosenthal – Quartett“, das sich bis zum späteren Verbot durch die Nazis in wechselnder Besetzung einen hervorragenden Ruf erarbeitet hatte. Konzerte in der Schweiz, Holland, Dänemark, Norwegen und Schweden machten das Quartett europaweit bekannt. Rosenthal wurde in dieser Zeit zu einem der bedeutendsten Bachsänger. Anfang der 20–er Jahre nahm Rosenthal zu Ehren seiner Mutter den Künstlernamen Zeuner – Rosenthal an.
Viele großartige musikalische Höhepunkte reihten sich aneinander.
In der Zeit von 1908 bis 1928 gab er ca. 200 Konzerte.
Sowohl auf Grund des Timbres seiner Stimme und der deutlichen Aussprache, als auch wegen der guten Textbehandlung und seines gefühlswarmen Vortrages wurde er als Solist und gemeinsam mit dem Quartett vom Mitteldeutschen Rundfunk engagiert.
Geschätzt werden mehrere hundert Rundfunkübertragungen einschließlich der sonntäglichen Bachkantaten aus der Thomaskirche.
Außerdem gab Wolfgang Rosenthal drei Alben mit Schubert- Liedern und zwei Bände mit Brahms- Liedern heraus. Nach Auftritten in Dänemark wurde in der dortigen Presse die Weichheit seiner Stimme und sein edler Vortragsstil hervorgehoben, der bei vielen Thomasschülern ausgeprägt war.
Rosenthals sängerische Laufbahn und seine Arbeit als Arzt und Publizist neuer Operationsmethoden ließen ihn weiterhin zweigleisig fahren.
Mit den eingenommenen Gagen der Konzerttätigkeit konnte er seine Privatklinik in Leipzig aufbauen.
1930 wurde Wolfgang Rosenthal von der Leipziger Medizinischen Fakultät zum außerordentlichen Professor der Chirurgie ernannt und seine daraus entstehende Lehrtätigkeit an den Universitäten vergrößerte sein bisheriges Aufgabenfeld zunehmend. Es blieb immer weniger Zeit für große Konzertreisen. So trat er letztendlich nur noch mit Programmen vor seinen Patienten und in seiner geliebten Leipziger Thomaskirche auf.
Mit dem Wechsel nach Thallwitz setzte Wolfgang Rosental seine Auftritte im kleinen Kreis fort. Mit Freunden musizierte er im Schloss, es gab Vorträge vor der Klinikbelegschaft und ein jährliches Orgelkonzert mit ihm als Solisten.
In den 1950-ern trat Wolfgang Rosenthal erneut zu Konzerten innerhalb Deutschlands auf.
So lange er lebte, war er ein Freund und Förderer des Leipziger Thomanerchores und des Dresdener Kreuzchores.
Die Musik gab ihm viel Kraft und er gab durch die Musik vielen Menschen Freude und Zuversicht.
Anmerkung:
In diesem Sommer haben im Zusammenhang mit den Kunstprojekten von „FAIL Unendlich“
zwei junge Künstler im Schlossgarten von Thallwitz an Wolfgang Rosenthal erinnert. In einer künstlerisch sehr interessanten Darbietung wurden an der Büste von Wolfgang Rosenthal
- am Tag vor seinem 138. Geburtstag - Geschichten aus seinem bewegten Leben vorgestellt. Circa 40 Thallwitzer ließen sich an einem warmen Sommerabend auf ein „besonderes Gespräch“ mit Wolfgang Rosenthal ein.
P. Neustadt - Ortschronistin von Thallwitz